Erfahrungen des Vergessens
Über Gedächtnis und Traumata der modernen Welt. Der armenische Autor Aram Patschjan spricht aus den Räumen einer vergessenen postsowjetischen Bibliothek
© Har Toum
„P/F“ von Aram Patschjan ist einer der prägendsten zeitgenössischen armenischen Romane. Im Herbst 2023 erscheint er im Kolchis Verlag auf Deutsch. Patschjans Prosa bewegt sich zwischen dokumentarischem und fiktionalem Schreiben und spricht Themen an, die für Armenien wichtig sind: das kulturelle Gedächtnis, die postsowjetische Ära und eine Neuinterpretation literarischer Vergangenheit. Patschjan ist Preisträger des European Union Prize for Literature 2021 und einer der meistgelesenen Autoren Armeniens. Seine Bücher sind ins Englische, Griechische, Französische, Ukrainische übersetzt. Anlässlich der Veröffentlichung der deutschen Ausgabe des Romans „P/F“ publiziert OSTWEST MONITORING einen Essay des armenischen Autors, in dem Patschjan die Erinnerungskultur eng mit dem persönlichen Erleben aktueller politischer Ereignisse verbindet.
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Ich habe diesen Essay im Sommer 2023 geschrieben. Jetzt, im Herbst 2023, geht Aserbaidschan mit ethnischen Säuberungen gegen die armenische Bevölkerung Arzachs vor.
Für Polina Barskowa
Es ist 11 Uhr.
Eine harmlose Zeit.
Keine schlechte Zeit, kurz gesagt.
Die Zeit des erkalteten Kaffees und der Straßenverkäufer, die in den Hochhäuser-Innenhöfen schreien: „Besen und frischer Felchen aus dem Sewansee!“.
Die Zeit des einfachen, menschenleeren Frühstücks – der einfachsten und stillsten Liturgie der Welt.
Um 11 Uhr sind alle möglichen monströsen Nachrichten schon im Netz zu finden. Verzeiht mir, Menschenleben, aber um 11 Uhr ist euer Leichenmeer nicht nur bereits fotografiert, sondern auch entpersonalisiert – manche von euch sind schon zu einem
Der im zweiten Arzach-Krieg getöteter Soldat wurde zerstückelt, fotografiert und das Foto wurde an seine Mutter geschickt – von seinem Handy aus. Um 11 Uhr. Entschuldigung, ich muss mich korrigieren: Um 11 Uhr kam die Meldung darüber, und auch in der Bibliothek war es 11 Uhr.
Sarui erzählte es mir.
Sie erzählte es. Ging auf die Toilette, weinte, kam zurück, setze sich wieder auf ihren Platz im Lesesaal. Schüchtern, wie eine Erstklässlerin, schob Sarui den Stuhl näher an den Tisch heran und wollte ihr dünnes grünes Heft öffnen. Fing dann wieder an zu weinen, schluchzte kaum hörbar.
Wann war das, in welchem Jahr? Ich weiß es gar nicht mehr. Im Herbst 2020 oder 2021, zwischen einem 22. und 27.
Irgendwann im Herbst.
Das ist sicher.
Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben, man soll Leichen nicht vor dem Herbst auszählen. Zerstückelte Körper – Gewebe mit Dreck vermischt, in einem Sack abgepackt. Der Dreck ist jung, und das Gewebe, und auch der Sack. Sarui ist in der Bibliothek eingeschlafen, sie wiederholte im Traum: „Die Jugend dieser Welt hat man immer noch nicht überwinden können.“
Schreib alles, was dir banal erscheint, dem Traum zu. Schreib ihm alles zu, was du vermeidest, verdrängst, was dich in Angst versetzt, und du wirst dich besser fühlen, aber du weißt doch: dich selbst kannst du nicht verdrängen.
Ich glaube, Brecht sagte mal (erinnere mich nicht genau): „Die Angst, banal zu sein, ist die schlimmste Form der Banalität.“ Immerhin bedauerte Brecht etwas, etwas Persönliches, fühlte sich schuldig, empfand Reue. So schämen sich Überlebende eines Krieges manchmal vor den Toten – die Überlebenden einer Katastrophe finden sich mit ihrem Überleben nicht ab.
Ehrlich. Das ist doch schon sehr banal.
Dann ist es eben banal.
Als ob er deine Erlaubnis gebraucht hätte.
Vergessen wir Brecht. In Chicagos Public Library verkündete Erwin frenetisch: „Brodsky hatte recht – Auden lag völlig daneben – ,Brecht war kein großer Dichter‘ – ein Linker, ein Marxist kann kein Dichter sein, derjenige, der mit dem Stalinismus mitmarschierte, der die Entstalinisierung und die Tauwetter-Periode mitmachte, ein fremdes Leben lebte und als Sänger des Rhythmus und der Gefühle berühmt wurde – der kann kein Dichter sein.“
Der fehlte hier noch, Erwin, mit seinen Banalitäten und seinen Dichter-oder-kein-Dichter-Gedanken.
Du aber hattest Erwin damals erwidert: Die öffentlichen Bibliotheken Jerewans erleben erst die postsowjetische Epoche und dann eine völlig verdrehte Dekolonisierung. Wenn man eine Bibliothek betritt, findet man sich in einem nicht enden wollenden Raum des Sowjetischen wieder, in einem Reich des „Sowok“ [ein nach der Perestroika entstandener abwertender Begriff, der sowohl das Leben in der Sowjetunion als auch den sowjetischen Menschen bezeichnet –
Es scheint, als würdest du Chicagos Public Library vermissen. Du warst doch nur eine Stunde dort. Na ja, nur 20 Minuten. Höchstwahrscheinlich wirst du nie wieder dorthin zurückkehren – an einen Ort, an dem kein einziger Verlust kollektiver oder persönlicher Erinnerung zu verzeichnen ist, wo man nicht versucht, sich zu verstehen, indem man sich über den Anderen stellt, indem man seinen Platz einnimmt.
Im Lesesaal einer Jerewaner Bibliothek fand man ein Manuskript (das ist Fiktion). Alle wussten, wem es gehörte. Ein Leser öffnete es und fing an, daraus in Anwesenheit von seinesgleichen vorzulesen: „Wann hört ihr endlich auf, in der sowjetischen Vergangenheit herumzustochern, verlasst endlich die Bibliothek und begegnet dem Krieg von Angesicht zu Angesicht. Der Krieg ist vor eurer Nase. Ganz nah dran, du streckst die Hand (nicht) aus und kannst ihn berühren. Du darfst nicht lügen. Du bist der Krieg, du trägst ihn in dir. Dein nicht zerstückelter Körper besteht aus dem Krieg.“
Dein Pathos widert mich so an. Ich hasse dich. Hasse jedes einzelne Wort, das du schreibst. Ihr, niemand anders als ihr, habt zugelassen, dass es sich wiederholt. Wie lange noch – dieses Geschwätz – aus den Ohren und Nasenlöchern aller, die noch atmen, wo immer du hinspuckst – Worte, nichts als Worte: zwei Weltkriege, der eine
Mit welch einer Genialität habt ihr darüber geschrieben: Riesige Auflagen, Ruhm, Geld, Ach-wie-toll-Seufzer, Preise, Diskussionsrunden, die nach faulender Demokratie rochen, eure Tiraden, eure Schreie.
Und das Schlimmste ist, dass all das brillant gemacht wurde und gemacht wird.
Was kann monströser sein, als große Kunst, die aus dem rauchenden Schlot eines Krematoriums entweicht?
Eine Kunst, die durch ihre Bedeutsamkeit allmählich nicht nur die Geschichte des Baus und des Gebrauchs des Krematoriums, sondern das Krematorium selbst verdrängte. Und fangt bloß nicht an mit: „Wir versuchen, durch das Schreiben das Krematorium zu verstehen.“
Ihr habt immer noch nicht begriffen, dass Versuche, etwas verstehen zu wollen, dem Verbrechen selbst gleichkommen – genauso wie die Weigerung, es verstehen zu wollen. Na los, wandert weiter auf ausgetretenen Pfaden: Schreibt und verkauft wunderbare Romane über Trauer, Leid, Verlust, Ruinen!
Wisst ihr, warum ihr, Schriftstellerinnen und Schriftsteller, ihr Kulturschaffenden, so amoralisch seid, warum ihr immer wieder die Opfer verhöhnt? Die Antwort ist einfach: Weil ihr am Leben seid, sie dagegen sind tot. Das ist alles.
Und es ist mir egal, wenn ihr mich für einen Kranken, einen Idioten haltet. Adorno, mein Schutzengel, wird mir Kraft geben. Mein Kindischsein ist ein Schmerzmittel gegen euch. Wisst ihr noch, was der Grund war? Nochmals: Ihr lebt, sie nicht. Bitte schön, eine Banalität, die stumpfeste von allen, die jemals ausgesprochen wurden. Nehmt sie, schmiert sie auf eure Eitelkeit und euren Hass noch oben drauf, auf das „ich“ und das „wir“.
So halten sich Jerewaner gerade gegenseitig den Spiegel vor: „Du verdammter Schwätzer, du willst auf der Kaskade ein Eis essen? [Die sogenannte Kaskade ist ein Treppenkomplex und beliebter Treffpunkt im Zentrum von Jerewan, berühmt für die schöne Sicht und das Freiluftmuseum –
Dann geht doch und stoppt den Krieg. Ich? Nein. Ihr sollt gehen. Ich habe keine Fragen an mich selbst. Ihr habt mich ja auch gar nicht angesprochen.
Für euch, egal ob unter euch oder auf Distanz, bin und bleibe ich ein Niemand. Ich stelle Forderungen nur an euch. Aus meinem Haus, aus meiner Bibliothek gehe ich nirgendwohin. Die Erinnerung an das sowjetische Erbe, an Feindschaften und Rache zwischen den Völkern wird wie auf einem Fließband an die nächsten Generationen weitergegeben – auch ohne euch, ohne eure Reflexion, euer Verstehen. Dafür gibt es keinen Bedarf und es wird ihn auch niemals geben. Denkt daran: Ihr hattet dieses Gedankenspiel des „Verstehens“, die Toten und die Täter hatten es nicht.
Ihr riecht gierig an der Luft, als würdet ihr den Geruch des Todes spüren, und kaum ereignet sich eine Katastrophe, seid ihr sofort da – ihr berüchtigten Händler der Todesnachrichten. Eure Barmherzigkeit ist zynisch und stinkt. Eure Sprache des literarischen Mitgefühls ist die hässlichste Missbildung der Menschheit. Eine Sprache, die um den Verlust trauert und ihn so vergewaltigt. Nichts vermag euch das Maul zu stopfen. Schriftsteller, Künstler, Kulturschaffende, ich verurteile euch. Ich verurteile euch zu euch selbst … verschwindet!“
Seit vielen Jahren, immer im Herbst
sieht man in einer vergessenen postsowjetischen Bibliothek Jerewan.
und wenn dort, jenseits der Welt der Bibliotheken, Leid und Freude mit dem gleichen Maß gemessen werden? Komisch: Das Maß ist zu klein, um sich selbst zu messen, trotzdem messen sie sich, vergleichen sie sich. Füge da noch hinzu: das Tragische und das Komische als legale und immer noch unerschöpfliche Stilmittel einer „Fiktionalisierung“ des Kriegs – wer hatte das noch mal gesagt? Du erinnerst dich nicht. Gerade als du schon am Ausgang des Lesesaals warst. Und du sagtest dir: „Nicht schlecht, das muss ich mir merken und irgendwo einfügen.“ Hier eingefügt. Wobei „einfügen“ nicht ganz passt, besser: anwenden. Aber muss man denn die Amoralität des anfänglichen 21. Jahrhunderts versüßen? Indem man es sich selbst sagt, sagt man es dem Anderen: „Du siehst cool aus, und dein Lebensstil erst“, für einen Urzeitmenschen gar nicht so schlecht. Obwohl, wer kann sie noch auseinanderhalten – Urzeitmensch, Posturzeitmensch, wo war ich gleich?
ach, ja
Sarui
Sie erstarrte über dem Notizbuch in ihrer üblichen Art – wie eine namenlose Philosophin, eine Stoikerin, wie ein Mensch, wie eine Gelehrte. Begann, etwas aufzuschreiben. Was es war, ist immer noch nicht klar. Sarui erzählte mir nie genau, wonach sie suchte – so verzweifelt und hartnäckig mit dem starren Gesicht einer Denkerin, die eine ertrunkene Erinnerung aus den Tiefen der Bibliotheksbestände retten will. Saruis Finger sind schön wie eine wunderbare Legende, die aus dem Nichts auftaucht. Ich frage mich, warum ihr grünliches Schulheft noch unbeschriebene Seiten hat und die Tinte in ihrem Stift noch nicht ausgetrocknet ist. Soweit ich mich erinnern und irren kann, haben Schulhefte nur zwölf Blätter.
Ein paar Dinge erzählte sie aber.
Von ihren Studien über den Anbau von wildem Hopfen in der Sowjetunion und dass sie vorhatte, in den Hopfenanbau einzusteigen. Vielleicht war sie vom Wort selbst fasziniert? Warum nicht? Der Same ist das Wort und wächst laut dem berühmten Gleichnis nicht überall. Hopfen, wildes Pflänzchen, wildes Wolfskindlein. Wild, lebendig wie ein wirklicher Wolfswelpe mit Pfoten und Ohren, ja, sagen wir Wolfswelpe – nicht umsonst heißt er in Armenien so. Obwohl, wer weiß, es gibt Worte, die keimen und nur im Dunkeln leben. Unsichtbare Worte, gesät, um dem Tod ein Ziel zu geben: Du wirst nicht merken, wie sie wachsen, und du wirst deine Sorge um den Tod nicht stark genug spüren, um an deiner eigenen Verantwortungslosigkeit zu ersticken.
Die Welt steht in Flammen
und im sowjetischen Armenien gibt jemand 1940 plötzlich das Buch „Der Hopfenanbau“ heraus (eine Anleitung für Brigadeleiter). In einer Welt, die untergeht, findet sich sogar ein Professor für Hopfenanbau und redigiert das Buch. Und wenn du schon dieses Gedächtnisschwund-Spiel spielst, nenne doch den Namen des Professors – ohne jemanden konkret zu adressieren – schreib ihn einfach auf, vielleicht überlebt er tatsächlich die Verbannung, hier: Professor E. Antonjan, wer war er? In welcher Straße lebte er in Jerewan? Wie genau arbeitete er, wurde er während des Stalinismus wegen des Hopfens, des Wolfswelpen, verhaftet? Wurde er schließlich nicht erschossen, weil er schon davor, in der Verbannung, getötet worden war? Warum rechtfertigte ein anderer Tod die Ungerechtigkeit der Erschießung?
Und jetzt, fast ein Jahrhundert später, im Jahr 2023, wenn die halbe Welt in Flammen steht, setzt sich Sarui in die Bibliothek und studiert den Hopfenanbau mit einem Buch, das immer noch, verglichen mit dem sonstigen sowjetischen Erbe, unübertroffen ist: „Eines Tages werden die Kriege aufhören, es wird keinen Putin, keinen Erdogan, keinen Alijew mehr geben – sie alle werden sich auflösen, diejenigen, die ihre Macht auf dem Tod Anderer aufgebaut haben, die sich an der Macht festklammern, die lebende Leichen gefangen halten, sie alle werden zu Staub werden. Und dann werden wir von der ehemaligen, vergangenen und nicht enden wollenden Sowjetunion befreit. Dann werde ich Hopfen mit meinen eigenen Händen anbauen, ihn wie einen Wolfswelpen großziehen und die Menschen werden arbeiten und leben.“
Außerdem werde ich endlich die Doku über die Lebensgeschichte – oder vielmehr – über die fiktive Lebensgeschichte des Großvaters meiner Mutter, des Professors Antonjan, fertigstellen. Ein Mensch, der es gerade noch geschafft hatte, ein Werk über den Anbau von Hopfen herauszugeben. Er wurde während der Verbannung getötet und entkam somit dem Tod durch Erschießung. Ist dir diese seltsame Banalität aufgefallen? Ab 1937 verdächtigt jeder jeden, es wird überall nach Spitzeln und Verrätern gesucht, manchmal mit Erfolg, aber dann ist unklar, was man mit ihnen anfangen soll. Der Stalinismus hatte aber eine Antwort auf diese Frage.
Jedes Mal, wenn ich in der Bibliothek das Buch über den Hopfen, den Wolfswelpen, bestelle, ist es so, als würde ich die Erinnerung an Professor Antonjan dadurch lebendig halten. Ein Kenotaph, ein abwesender Ort für einen abwesenden Körper.
Die Meldung über den Krieg las ich unkonzentriert: War gerade dabei, mit einem Löffel Obstkerne aus der Marmelade zu pulen. Das wäre keine schlechte Metapher, oder Gott weiß was. Auf die Nachricht reagierte ich gar nicht, ehrlich, ich verstand gar nichts, spielte weiter mit der Marmelade. Ich stocherte also in der Marmelade herum, und die Soldaten an der Grenze stocherten sich gegenseitig in den Eingeweiden herum. Und nicht mit einem Löffel, sondern mit den bloßen Händen. Ich sah es auf Telegram. Warum eigentlich, hatte doch eigentlich ein Jahr zuvor Telegram gelöscht. Im Ernst, Marmelade und Eingeweide kamen zufällig zusammen. Ein Eis auf der „Kaskade“, Obstkerne in der Marmelade, Soldaten, die in Eingeweiden herumstochern – alles wird mit dem gleichen Maß gemessen – was erzähle ich hier eigentlich?
Billiger chinesischer Klebstoff wird – wollte ich schon sagen – die Welt retten, aber das wäre dumm, wie alles, was in einem ernsten Ton gesagt wird. Sag lieber: Chinesischer Klebstoff wird die sterbenden Bücher in den Bibliotheken von Jerewan retten. Ich glaube, dass es nur in Matenadaran [Mesrop-Maschtoz-Institut, kurz Matenadaran, ist das Archiv für alte armenische Manuskripte und Bücher –
Zusammen mit Anja klebst du Einbände, herausgerissene Seiten, Vorsätze wieder hinein – manche kommen euch wie Meisterwerke vor. Keiner will sie haben, ihr auch nicht. Ihr klebt sie, ein Buch nach dem anderen, das hilft, das rettet. Etwas wird besser, etwas vergeht. Es vergeht – es lebt – es wird nicht besser.
Als ihr euch bei den Bücherregalen kennengelernt hattet, sagte Anja irgendwann: Ich bin weder „Relokantin“ noch Migrantin. [als „Relokanten“ bezeichnen sich viele Russinnen und Russen, die Russland nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine verlassen haben – Anm. d. Ü.] Sie sagte: „Weißt du, was der Unterschied zwischen einer Jerewaner „Relokantin“ und einer Migrantin ist? Eine ,Relokantin‘ ist jemand, die, wenn sie in Jerewan herumläuft, eines Tages feststellt, dass der Grießbrei in ihrer Kindheit gar nicht so schlecht gewesen war.“ Und sie fügte hinzu: „Das ist ein tiefgründiger Gedanke, lach nicht.“ Dann fügte sie wieder hinzu: „Das mit dem ,tiefgründig‘ war witzig, aber lach nicht, okay, ich höre auf, dir Befehle zu erteilen, lach doch, und das ist wieder ein Befehl.“
Vielleicht töteten gerade in diesem Augenblick russische Soldaten in Butscha Zivilisten, während ihr da gekichert habt, und Soldaten der aserbaidschanischen Armee erschossen armenische Kriegsgefangene in der Stellung
Bei diesem ethischen und monströsen Versuch, das Schuldgefühl gegenüber den Kriegstoten zu pervertieren, geht es um dich und nur um dich.“
Morgen um 11 Uhr in der Bibliothek
Sarui bringt den Hopfen, den Wolfswelpen, mit
selbst angebaut, großgezogen, kannst du dir das vorstellen?
mit eigenen Händen
aram
Aus dem Russischen übersetzt von Nika Mossessian